Im Nachgang zur Präsidentschaftswahl in Frankreich nehmen wir die deutsch-französischen Beziehungen genauer in den Fokus. Aus heutiger Sicht erscheint es kaum noch vorstellbar, dass die beiden großen Länder im Herzen Europas einander jahrhundertelang so argwöhnisch wie eifersüchtig beäugten – und immer wieder in blutigen Konflikten aufeinandertrafen, etwa im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, im Ersten und im Zweiten Weltkrieg.
Dass die zwei Nationen nach 1945 überaus zügig zu einem freundschaftlichen Verhältnis gefunden haben, ist auch dem Umstand zu verdanken, dass sich zahlreiche Menschen auf beiden Seiten immer wieder um Verständigung bemüht haben. Nicht zuletzt ist die Geschichte des deutsch-französischen Verhältnisses eine Geschichte der politischen Paare – von Helmut Kohl und François Mitterrand bis hin zu Angela Merkel und Emmanuel Macron.
Ausgehend von ihrem gemeinsam veröffentlichten Buch „Von Erbfeinden zu guten Nachbarn“ (Reclam 2019) erklären die französische Historikerin Hélène Miard-Delacroix, die an der Pariser Sorbonne lehrt, und ihr deutscher Kollege Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München – Berlin, die wechselvolle Geschichte einer einzigartigen Nachbarschaft. Dabei analysieren sie auch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine die Rolle der deutsch-französischen Zusammenarbeit in der EU des 21. Jahrhunderts.